Raubritter (?)
Sehr viele Burgen werden heute und in älterer Literatur noch als „Raubritterburgen“, „Räubernester“ etc. bezeichnet. Doch woher stammen diese Bezeichnungen?
Im Mittelalter gab es diese nicht. Manchmal wurde die Burg eines Niederadligen (was die Ritter meist waren) als „Raubschloss“ bezeichnet, meist von den Städten, weil dort ihrer Meinung nach unrechtmäßige Zölle erhoben wurden. Da sich die Lebensgrundlage der Ritter zu Anfang meistens auf Naturalien stützte, war der Übergang zur so genannten „Geldwirtschaft“, also zur Entlohnung in Geld für ihre Dienste ein einschneidender Punkt für das Rittertum im Mittelalter.
Oft reichten diese Erträge nicht aus, um die Kosten für Haushaltsführung und für die sonstigen Verpflichtungen (Vorhaltung von Pferd und Rüstung etc.) zu decken. Als nun das Zoll- und Geleitregal, also das Recht Zölle an Wegen (auch Wasserwegen) zu erheben, vom Königtum immer mehr an die Landesherren abgegeben wurde, und diese es immer öfter an Ministeriale als Lehen gaben, führte dies zu einer Verselbstständigung und manchmal auch zum Missbrauch durch überhöhte oder gänzlich „unrechtmäßige“ Zölle.
Hinzu kam eine Änderung im militärischen Bereich. Immer öfter ersetzten Söldnertruppen die Lehnsheere der durch den Lehnseid verpflichteten Vasallen. Dadurch entgingen diesen auch die Einnahmen aus dem Kriegshandwerk.
Fehden waren schon immer ein Teil des ritterlichen Lebens. Es gab genaue Bestimmungen, wie eine „rechte Fehde“ abzulaufen hatte. In einer Verordnung von Friedrich Barbarossa wurde zum Beispiel festgelegt, dass eine Fehde nur von Montag bis Mittwoch geführt werden durfte. Der Rest der Woche fiel unter den „Gottesfrieden“, während dem Fehden verboten waren. Fehden waren eine Art Privatfeldzug einzelner Ritter, gegen-einander oder auch gegen Städte oder Dörfer gewandt. Eine Fehde musste angesagt werden, meist in Form eines Fehdebriefes (siehe Abbildung).
Die Bezeichnungen „Raubfürst“ oder „Raubstadt“ bzw. „Raubbürger“ kennen wir nicht, aber wie Kurt Andermann in seiner Publikation (siehe Literaturempfehlung am Schluss) feststellt, so müsste, wer das Wort Raubritter benütze, auch die beiden anderen verwenden, da es ebenfalls Fürsten und Städte waren, welche solche „Raubzüge“ durchführten oder durchführen ließen.
1466 gab es eine Fehde, in welche die Dagsburg bei Eguisheim im Elsaß verwickelt wurde. Der damalige Besitzer, Peter von Eguisheim hatte einen Müller, Hermann Klee mit Namen, aus der nahegelegenen Stadt Mülhausen (Mulhouse) bei sich aufgenommen. Dieser behauptete damals, die Stadt sei ihm noch eine Summe von 6 Plappert (eine Silbermünze) schuldig. Dies nahm Peter zum Anlass, gegen die Stadt Mühlhausen eine Fehde zu führen. Das Resultat war, dass seine Burg von Kontingenten der Stadt eingenommen und völlig zerstört wurde. Die Dagsburg ist seither Ruine.
Fazit: Die erst im 18. Jahrhundert aufgekommene Bezeichnung Raubritter erweckt einen teilweise einen falschen Eindruck von Burgbesitzern, welche aus den damaligen Zeiten und der Not heraus durchaus Erpressungen, Freiheitsberaubung und ähnliche, nach heutigem Recht schwerwiegende Straftatbestände begingen. Diese aber deshalb durchweg als Verbrecher zu bezeichnen wäre zu einfach. Das Fehdewesen war zu der Zeit ein durchaus legales und probates Mittel, um zum Beispiel Forderungen einzutreiben, und manche der als „Raubritter“ bezeichneten waren weder schuldig im damaligen Sinn, noch waren sie sich überhaupt einer Schuld bewusst.
Endgültiges Ende des Fehdewesens war das Jahr 1495, in dem der „Ewige Landfriede“ proklamiert wurde.
Literaturempfehlung: Kurt Andermann (Hg.), „Raubritter“ oder „Rechtschaffene vom Adel“, Thorbecke Verlag 1997, ISBN: 3-7995-7814-5