Burgverliese
Auf vielen Burgen gab es, vornehmlich in den Untergeschossen von Türmen, so genannte Verliese (auch oubliès von franz. Vergessen genannt).
Die Bezeichnung war teilweise Programm: ein hier eingekerkerter Mensch war schlichtweg dem „Vergessen“ anheim gegeben. Über die auch oben abgebildete Burg Conwy in Wales wird berichtet, dass sich der König und sein Gefolge in direkter Nachbarschaft zum Verlies in der großen Halle köstlich amüsierten, während im nahen Verlies Gefangene vor sich hin schmachteten. Geräusche und Lärm der Feiern werden wohl zu Ihnen hinunter gedrungen sein und ihre Qualen noch gesteigert haben.
An obenstehender Abbildung ist zu sehen, wie dem angeketteten Gefangenen von oben durch eine Öffnung ein Krug Wasser und Brot (ringförmig) heruntergelassen werden. Davon stammt die Redewendung „Bei Wasser und Brot eingesperrt“.
Weitere zu besichtigende Beispiele sind:
- Harburg in Bayern, bezeichnenderweise Der „Diebsturm“, Verlies im UG
- Marksburg am Rhein, UG des Bergfrieds
- Birkenfels (F), ebenfalls im UG des Bergfrieds
- Nideggen in NRW, hier im Erdgeschoß des Turmes
Manche der Turmverliese dienten auch während der Hexenverfolgungen als Gefängnis und Verhörorte incl. Folterung. Diese wurde allerdings nicht nur in Hexenprozessen angewendet, sondern war ein legales und verbreitetes Mittel zur rechtlichen Wahrheitsfindung. 1532 wurde die „Constitutio Criminalis Carolina“ als reichsweit anzuwendendes Gesetz verabschiedet. Sie schrieb die Folterung zur Wahrheitsfindung fest und galt in einigen deutschen Landesteilen bis Mitte des 19. Jahrhunderts !!!
Erst langsam setzte sich die Erkenntnis durch, dass man mit einer Folterung ein Geständnis zu jedem Sachverhalt erreichen kann, wenn man sie konsequent einsetzt.
Hier noch ein Beispiel dafür, wie es Gefangenen unter Umständen damals ergehen konnte:
Am 17.7.1372 nahm ein Kontingent des Landfriedens die Burg Altdahn wegen der Taten eines Edelknechts namens „Stophes“, also wahrscheinlich Christoph, ein und zerstörten sie.
J.G. Lehmann berichtet:
In derselben (Burg, Anm. des Verf.) erlöste man viele Gefangene aus den Ketten und Stöcken scheußlicher Kerker, auch fand man daselbst tote Glieder, die den Gefangenen abgefault waren, woraus man sieht, welche Gräuel und Grausamkeiten in den damaligen wilden und rohen Zeiten, an Menschen verübt wurden.
Johann Georg Lehmann, Burgen und Bergschlösser in der Pfalz, Band I, Seite 150