Burgenbau Edwards I. in Wales – Teil 2
Durch das Burgtor hindurch betritt man nun den äußeren Burghof. Hier befanden sich Gebäude der Infrastruktur (Küche, Backstube und Brauerei), sowie repräsentative Gebäude (Große Halle, Kapelle). Ganz im Osten befand sich der Brunnen und das mit einer weiteren Zugbrücke gesicherte Mitteltor.
Die große Halle oder Königshalle besaß mehrere Kamine und ein Kellergeschoß. Im südlich angrenzenden Turm war das „Oublier“, das Verlies eingerichtet. Die Bezeichnung kommt vom französischen Wort für Vergessen, und häufig entsprach diese auch dem Umgang mit dort eingesperrten Personen. Allerdings sind mir keine Gefangenen namentlich bekannt, welche dort inhaftiert waren.
Der Zugang zu der Halle wurde durch eine Passage ermöglicht (sichtbar im Bild oben, das Loch in der Mauer rechts hinter der Person). Hier trennten Fachwerkwände die Halle und die Kapelle (links von der Passage).
Im Turm an der Südseite befand sich auch die kleinere königliche Kapelle, reserviert für König und Königin. Das östliche Vorwerk war, wie auch das westliche, mit einer Reihe von Maschikulis bewehrt. Da Edward I. aus den früheren Misserfolgen gelernt hatte, wurden alle Burgen, welche er neu erbauen ließ, möglichst mit der Möglichkeit gebaut, eine Versorgung auf dem Seeweg im Belagerungsfall gewährleisten zu können. So gibt es auch hier einen Zugang zu einem „Water Gate“ unten am Fluss.
Conwy Castle wurde lediglich von 1294-1295 von Edward I. besucht und im Jahre 1301 ernannte er hier seinen Sohn Edward II. zum Prinzen von Wales. König Richard II. suchte hier im Jahre 1399 Zuflucht, wurde trotz eines Schwures, ihm kein Leid zuzufügen verraten, gefangengenommen und starb auf Pontefract Castle unter ungeklärten Umständen[1].
Der langsame Zerfall der Burg begann bereits Anfang des 17. Jahrhunderts. Verwertbare Teile der Burg wurden ab 1665 vom dritten Lord of Conway ausgebaut und verkauft, unter anderem die Bleiabdeckungen der Dächer. Den Elementen überlassen und durch Steinraub betroffen, verfiel diese stolze Burg im Laufe der folgenden Jahrhunderte.
[1] Einige behaupten, er sei verhungert, andere glauben, er sei ermordet worden, so auch William Shakespeare